Weltladentag 2020 – Transparenz in der Lieferkette am Beispiel der Fairen Maus von Nager IT

Weltladentag 2020 – Transparenz in der Lieferkette am Beispiel der Fairen Maus von Nager IT

Lieferkette der Computermaus von Nager IT

Schon seit einigen Tagen haben sich Mäuse im Schaufenster des Fairkaufladen eingenistet: Weiße, graue, braune, schwarze und bordeauxrot-schwarze.

Die weißen, grauen und braunen bestehen aus Filz, werden in Kathmandu in Nepal fair produziert und sind innen hohl. Sie können wahlweise als Handpuppen oder Eierwärmer genutzt oder einfach ins Regal zum Angucken  gestellt werden.

Die schwarzen und bordeuxrot-schwarzen werden in einer Integrationswerkstatt in Regensburg montiert und sind, anders als die Filzmäuse, innen nicht hohl. Es sind die fairen Computermäuse von Nager IT. Unter ihrem Gehäuse befindet sich eine Leiterplatte mit Chip, Kondensatoren, LED´s, Mikroschaltern, Widerständen  und ein Scrollrad.

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Foto: Computermaus von Nager IT von innen (Foto: Nager IT)

Gar nicht so viel, könnte man meinen. Aber der Blick auf die Lieferkette dieser kleinen Maus zeigt, wie komplex die Herstellung der Bauteile und Vorbauteile über den halben Globus verteilt und miteinander verbunden sind.

Die Lieferkette der Comuptermaus ist das Ergebnis einer akribischen Recherche

Während große Hersteller von Computermäusen wie Logitech GmbH  oder Fujitsu Technology Solution GmbH ständig bemüht sind, bestimmte „Eckdaten“ (so die Formulierung im Online-Shop von Saturn) wie Auflösung, Ergonomie, Gehäuse, Schnelligkeit zu optimieren, interessierte sich Susanne Jordan, Gründerin von Nager IT, schon seit Längerem für ganz andere Eckdaten, nämlich für die Arbeitsbedingungen in der Produktion.

Dazu gehören z.B. Fragen nach dem Mindestalter der Beschäftigten, der Arbeitszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Vorhandensein eines schriftlichen Arbeitsvertrags oder Maßnahmen zum Gesundheitsschutz.

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Viele Arbeiten werden von Hand erledigt (Foto: Nager IT)

Nach ihrem Studium der Geographie begann Susanne Jordan deshalb in München bei der Oekom Research AG, einer der weltweit führenden Ratingagenturen, die große Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit beraten. In dem Team, das sich mit Computerfirmen beschäftigt, wurde sie dann auch mit den Problemen konfrontiert, die mit der Produktion von IT verbunden sind: schlimme Zustande in den Minen, in denen Rohstoffe abgebaut werden bis hin zu sehr langen Arbeitzeiten in chinesischen Sweatshops. Und leider spürte sie auch das mangelnde Interesse der großen Computerhersteller, genauer hinzuschauen und etwas an diesen Zuständen in ihren Lieferketten zu ändern.

Deshalb kündigte Susanne Jordan 2009 ihren Job, mit dem festen Willen, einen fairen Computer zu bauen. Nachdem sie merkte, dass das Vorhaben doch zu ambitioniert war, beschränkte sie sich auf eine faire Computermaus.

Die Computermäuse von Nager IT sind die fairsten der Welt

 

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Die schwarz-rot-Varianten (Foto: Nager IT)

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es Nager IT gelungen ist, die fairste Computermaus der Welt zu produzieren. Denn die Lieferkette ist weitestgehend transparent. Wo es Probleme gibt, werden sie benannt. Ca 70 Prozent der Bauteile werden unter Bedingungen produziert, die man als fair bezeichnen kann und es wird ständig nach noch faireren Rohstoffen und Vorbauteilen gesucht.

Da es den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, die faire Maus zu beschreiben, sei dazu hier auf die äußerst informative Website von Nager IT verwiesen: www.nager-it.de

Schon seit 2015 krabbeln faire Mäuse über Schreibtische in Petershausen

Seitdem der Fairkaufladen 2015 beschloss, Faire Mäuse ins Sortiment zu nehmen – und besonders nach einem Vortrag zu fairer IT – haben sich die fairen Mäuse in Petershausen verbreitet. Zunächst bei den Fairkäuferinnen selbst, dann aber auch in der Gemeindeverwaltung , wo eine weiß-grüne Maus bei Bürgermeister Marcel Fath und eine im Vorzimmer bei Elmira Führer über den Schreibtisch huscht.

Auch Herwig Feichtinger, Vorsitzender des Gewerbeverein Petershausen und Unterstützer der Fairtrade Gemeinde, ist stolzer Besitzer einer fairen Computermaus, die seine „Befehle“  auf die Website „Petershausen mobil“ überträgt.

und auch über Petershausen hinaus …

Ganz schnell nach Bekanntwerden der Fairen Maus-Geschichte war auch Theresia Wintergerst, Professorin an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und gelegentliche Kundin im Fairkaufladen, begeistert und kaufte für Ihr Büro dort eine Maus. Als Vorbild für die Studierenden.

Und vor Kurzem noch teilte Ladenmitarbeiterin Margarete Scherbaum, Pflegekraft beim SAPV (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung)-Team Freising (auf dem Foto links) mit, dass ihre Kollegen auf ihren Hinweis hin beschlossen hätten, zwei faire Computermäuse anzuschaffen. „Sie liegt gut in der Hand und hat ein angenehmes Handling! Sie ist auf jeden Fall zu empfehlen, einfach ausprobieren!“ so die Empfehlung des Teams.

 Unangemeldete Demo im Fairkaufladen und Unterstützung der Kartenaktion von Nager IT

Gerade weil es einem kleinen Verein wie Nager IT gelingt, die Lieferkette einer Computermaus transparent und immer fairer zu gestalten,  müsste dies doch umso mehr für große Hersteller, die eine weitaus größere Marktmacht haben, gelten.

Deshalb wurden, unbemerkt über Nacht, unsere Mäuse im Laden aktiv und formierten sich – in Anlehnung an fridays for future – überraschend zu einer Demo. Mit genügend Abstand, aber leider ohne Masken.

 


Aufgrund dieser unerwarteten Aufforderung durch die Mäuse selbst unterstützen wir in den nächsten Wochen umso lieber die Kartenaktion von Nager IT. Auf diesen Karten können, neben den Mäusen, auch unsere Kunden einzelne Vertreter von Computermaus-Herstellern auffordern,  auf eine fairere Produktion zu setzen.

 

Vorderseite der Karte von Nager IT

Weltladentag und Initiative Lieferkettengesetz

Etliche Weltläden in Deutschland forderten am Weltladentag (9. Mai) auch dazu auf, sich an der Initiative Lieferkettengesetz zu beteiligen. Diese tritt – wie Nager IT – ein für eine Welt, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – auch im Ausland. Da viele Unternehmen freiwillig ihrer Verpflichtung offenbar nicht nachkommen, fordert die Initiative einen gesetzlichen Rahmen, der auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Über die Website kann man sich über die  immer noch laufende Online-Petition daran beteiligen. https://lieferkettengesetz.de/

 

Bayerisches Bündnis zur Initiative Lieferkettengesetz

Bayerische Politiker im Bundestag von Bündnis 90/Die Grünen, CSU, Die Linke und der SPD unterstützen mittlerweile auch das bayerische Bündnis zur Initiative Lieferkettengesetz

Das vom Eine Welt Netzwerk Bayern koordinierte Bündnis besteht  aus  Menschenrechts- und Naturschutzorganisationen, Fairhandelsorganisationen, kirchlichen Hilfswerken und dem DGB.

 

 

Ein bekennender Anhänger des Lieferkettengesetzes ist auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Hier bei der Plakataktion der Bayerischen Initiative zum Lieferkettengesetz.

Hier gibt es mehr Informationen zum Bayerischen Bündnis Lieferkettengesetz: https://www.eineweltnetzwerkbayern.de/lieferkettengesetz-bayern.shtml