Reisvielfalt auf dem Feld – Genussvielfalt in der Küche

Reisvielfalt auf dem Feld – Genussvielfalt in der Küche

Foto: Verschiedene Reissorten auf einem Teller

Wenn sie in diesen Tagen am Fairkaufladen vorbei gehen, sehen sie im Schaufenster unser derzeitiges Spezialthema „Reisvielfalt“. Mit fünf verschiedenen – z.T. farbigen- Reissorten zeigen wir, dass unser Reis ein bisschen mehr zu bieten hat als 5 Minuten – Reis im Kochbeutel.

Bei uns nicht selten als Entschlackungsmittel eingesetzt, ist Reis schätzungsweise für die Hälfte der Weltbevölkerung das Hauptnahrungsmittel. In Ländern wie Laos oder Bangladesch liefert er zwischen 70 und 80 Prozent  des täglichen Kalorienbedarfs. Im Durchschnitt werden in Asien pro Person ca 150 Kilogramm Reis im Jahr konsumiert, in Deutschland zwischen 4 und 5 kg .

Reis ist ein Kosmopolit

Die Reispflanze ist  extrem anpassungsfähig. Sie wächst als Tiefwasserreis auf bis zu sechs Meter überfluteten Flächen an Flüssen in Bangladesch, auf  Salzmarschen an der chinesischen Küste, in den Steilhängen Borneos oder in Nepal bis in eine Höhe von über 2500 m. Reis hat es im Laufe seiner langen Kulturgeschichte geschafft, alle Erdteile zu erobern. Reispflanzen brauchen zum Gedeihen zwar zumeist viel Wärme, Wasser und eine hohe Luftfeuchtigkeit, aber sie wachsen auch in den eher gemäßigten Zonen Europas und Japans.

Etwa 8000 Reissorten existieren heute – durch jahrhunderte alte Züchtung der Menschen angepasst an verschiedenste Klimaverhältnisse und geologische Bedingungen. Beispiel Hom Mali: Der Jasminreis braucht für die Entwicklung seines Aromas das spezifische Klima und die geologischen Bedingungen der nordöstlichen Provinzen Surin und Yasothorn in Thailand.

Unzählige kulinarische Möglichkeiten

Entstanden mit den vielen Reissorten auf der ganzen Welt sind die unzähligen Möglichkeiten, Reis zuzubereiten. Ob mediterran als Paella, Risotto, Pilaw, asiatisch als Curry und Dal, als Suppeneinlage,  Salat oder Gemüsefüllung, als Auflauf oder Bratling oder aber als Nachspeise und Kuchen. Gekochter Reis hält sich ein paar Tage im Kühlschrank und ist daher ideal für die kreative Resteküche.

Was Toyota und Honda mit Reis zu tun haben

Reisanbau hat das Leben, das Denken und die Mythen ganzer Kulturen geprägt. Höchstleistungen wie das Terrassieren ganzer Berghänge, das Errichten von Dämmen für ausgeklügelte Bewässerungssysteme und die anstrengende  Arbeit auf den Reisfeldern hat die Menschen zusammengeschweißt und die Gemeinschaft gefördert. Neben vielen Bräuchen, Festen und Ritualen spiegelt auch die Sprache die Bedeutung von Reis für die Menschen in Asien wider. In Südindien gibt es mehr als 30 reisbezogene Ausdrücke. Und wer würde vermuten, dass Toyota soviel bedeutet wie „reiches Reisfeld“ und Honda „ursprüngliches Reisfeld“.

Reisanbau zwischen Wasserbüffel und Helikopter

Beim Reisanbau unterscheidet man grundsätzlich zwischen drei Anbausystemen: der natürlichen Überflutung in Schwemmgebieten von großen Flußdeltas, der künstlichen Bewässerung und dem Regenfeldbau oder Trockenreisanbau.

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Foto: El Puente

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Foto: El Puente

Während in vielen Gegenden Asiens Reisbauern noch immer die Reisfelder mit Wasserbüffel und Holzpflug bearbeiten, die Reissetzlinge per Hand ins knietiefe Wasser einpflanzen und die Reispfanzen  mit einer Sichel abschneiden, sieht hochmechanisierter Reisanbau ganz anders aus.

Er wurde in den USA  und Ausstralien entwickelt. Vorgequollenes Saatgut von Hochertragssorten werden vom Flugzeug aus in künstlich bewässerte Felder abgeworfen. Riesige Maschinen ernten den Reis und dreschen ihn gleichzeitig.

Die grüne Revolution war nicht so grün wie ihr Name

Die Einführung von Hochertragsreissorten durch das Internationale Reisforschungsinstitut auf den Philippinen hat den Reisanbau revolutioniert. Die mit dem Begriff „Grüne Revolution“ bezeichnete Entwicklung begann in den sechziger Jahren des letztes Jahrhunderts. Das Ziel waren Ertragssteigerungen und eine Modernisierung des Reisanbaues durch Hochertragssorten, künstliche Bewässerung und die großzügige Verwendung von Dünger und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Die Folgen: Zunächst stiegen die Erträge tatsächlich massiv an, nach einiger Zeit jedoch hinterließen sie ein ökologisches und soziales Desaster. Großflächig ausgebrachter Dünger und  Pestizide gegen Schädlinge verseuchten ganze Landstriche und führten in den Feldern zu einem Fischsterben. Durch zu viel Stickstoffdünger verloren die Pflanzen ihre Widerstandskraft gegen Schädlinge, die in den riesigen Monokulturen leichtes Spiel hatten. Unzählige Reisbauern verschuldeten sich, verloren ihr Land und mussten in die Städte abwandern. Dramatisch war auch die Tatsache, dass zehntausende alter Sorten  verdrängt wurden durch einige wenige Hochertragssorten.

Neue Gefahren durch Gentechnik und Patentierung

Nachdem die  Grüne Revolution eher kritisch zu beurteilen ist – auch weil sie den Hunger nicht abschaffen konnte – propagieren nun internationale Agrarkonzerne den Segen der Gentechnik mit der dazugehörenden Patentierung von Reis. Praktiziert wurde dies zum ersten Mal 1997 von der Firma RiceTec, die einen Basmatireis zum Patent anmeldete. Patente auf Reis bedeuten im Extremfall, dass Firmen den Basmatireisbauern in Indien oder Jasminreisbauern in Thailand verbieten könnten, ihren eigenen Reis anzubauen oder aber, dass sie dafür  Linzenzgebühren bezahlen müssen.

Bauernorganisationen wehren sich und bekommen Unterstützung vom Fairen Handel

Mit dem Slogan „No Patents on Rice-No Patents on Life“  wehrten sich gerade in Asien zunehmend Bauernorganisationen. Sie besinnen sich zurück auf traditionelle Anbaumethoden mit Mischkulturen und Gründüngung, entwickeln ökologischen Reisanbau weiter, erzeugen lokales Saatgut und bewahren es in Saatgutbanken auf. Der Faire Handel unterstützt sie dabei und setzt damit ein Zeichen gegen die merkwürdige Auffassung, dass Pflanzen von Konzernen  erfunden werden und in ihren Besitz übergehen können.

Im Folgenden stellen wir Ihnen vier verschiedene fair gehandelte Reissorten vor. Jeweils mit der Kleinbauernorganisation, die ihn anbaut und mit den kulinarischen Möglichkieten in der Küche. Im Fairkaufladen gibt es in den nächsten Tagen diese auch in Rezeptform.

Roter Jasminreis aus Kambodscha

Im Mittelpunkt der kambodschanischen Organisation CEDAC (Cambodian Center for Study and Development in Agriculture) stehen Forschungs- und Fortbildungsprojekte, die den kambodschanischen Reisbauern zugute kommen sollen. CEDAC setzte sich in den letzten Jahren vor allem für die Förderung des biologischen Reisanbaus ein. Experten helfen den Bauern, auf Anbausysteme umzustellen, bei denen weniger Wasser benötigt wird und dennoch eine ertragreiche Ernte erzielt werden kann. Ganz  bewusst wird die traditionelle Vielfalt der Reissorten gepflegt. (Info: el puente)

Der Rote Jasminreis ist ein Naturreis, das heißt, er besitzt noch Keim und das Silberhäutchen mit vielen Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß und Fett. Beim Kochen nimmt er wenig Wasser auf, bleibt körnig und eignet sich als attraktive Beilage, für Salate, Aufläufe oder Suppeneinlage (Foto: Gemüsesuppe mit Curry, Kokos und Rotem Jasminreis).

 

Teilgeschliffener Basmatireis aus Indien

Als „Königin des Duftes“ wird Basmatireis in Indien bezeichnet. Der fair gehandelte Basmatireis stammt von  Reisbauern in Uttar Pradesh, die der indischen Nichtregierungsorganisation „Navdanya“ angehören. Navdaya bedeutet auf Hindi „Neun Samen“, womit auch schon das Anliegen der Organisation klar ist: Es geht um den Erhalt der Sortenvielfalt und zusätzlich um den Kampf gegen Gentechnik und Patentierung. Anführerin dieses Kampfes ist die weltweit bekannte und streitbare Quantenphysikerin und Ökofeministin Vandana Shiva. (Info: Gepa)

Der teilgeschliffene Basmatireis enthält nur noch einen Teil des Silberhäutchens mit seinen Inhaltsstoffen,  ist aber schneller gar als Naturreis. Eine körnige duftende Beilage zu Currys und Dals (Foto: Basmatireis mit Rote Linsen Dal).

 

Weißer Hom Mali aus Thailand

Auch die thailändische Organisation Green Net beschäftigt sich intensiv mit verschiedenen Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit wie dem Umgang mit Gentechnologie, dem Erhalt der Arten- und Sortenvielfalt und dem Klimawandel, dessen Auswirkungen viele thailändischeKleinbauern bereits zu spüren bekommen. Durch gezielte Saatgutentwicklung und die Sammlung lokaler Sorten soll die Reissortenvielfalt erhalten werden, um auf diese Weise eine bestmögliche Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen zu erreichen.

Hier ein Kurzvideo über das Leben von Reisbauern, die der Organisation Green Net angeschlossen sind:

https://www.youtube.com/watch?v=EyqVjnIjOHY 

 Der Green Net-Reis wird von rund 840 – genossenschaftlich organisierten – Bauern angebaut. Er wird in organisationseigenen Reismühlen weiterverarbeitet und auch vor Ort fertig verpackt. (Info: gepa)
Weißer Hom Mali ist ein geschliffener Reis, der wie Basmatireis eine lockere duftende Beilage zu Currys und Dals ist, aber auch gut als Nachspeise mit Zimt oder Kardamom (Foto: Hom Mali mit Kardamom, Datteln und gerösteten Cashewnüssen) oder als Reiskuchen Verwendung finden kann.

Lila Reis aus Laos

Mit einem Bruttoinlandsprodukt von unter 700 Euro pro Kopf, einer Analphabetenquote von über 30 Prozent und einer schlechten Infrastruktur gehört Laos zu den ärmsten Ländern Asiens. Weil das Land mit anderen Reis produzierenden Ländern nicht mithalten kann, bietet der Fair-Trade-Markt mit Nischenprodukten wie dem lila Reis Entwicklungschancen für das Land. Die Organisation Lao Farmer´s Products vermarktet den Reis über den Fairen Handel. Arbeitsplätze entstehen auch, weil der Reis in Laos in einer Reismühle geschält, einer Qualitätskontrolle unterzogen und vor Ort verpackt wird.

Lila Reis ist eine Reismischung, die aus drei verschiedenen Reissorten besteht: einem dunkellila Reis (20 %), einem Langkornreis und einem weißen Klebreis. Beim Kochen gibt der dunkellila Reis die Farbe in der Schale an die ganze Reismischung ab und färbt sie lila. Und während des Kochens entsteht ein sehr aromatischer Duft. Das Ergebnis ist ein eher klebriger Reis, der sich sowohl für herzhafte als auch für süße Speisen (Foto: Lila Reis mit  buntem Obst) eignet.

Gute Gründe für fairen Reis

Es gibt also gute Gründe, fair gehandelten Reis zu essen: Neben dem fairen Preis, der langfristigen Handelsbeziehung, dem Import von verarbeitetem Reis, der Unterstützung von Lobbyarbeit gegen Gentechnik und Patentierung, der Unterstützung von ökologischen Anbaumethoden ist es das Bemühen, traditionelle Reissorten zu erhalten.

Diese garantieren Kleinbauern sichere Einkommen und uns kulinarische Vielfalt auf dem Teller. Denn so paradox es auch klingt: Alles, was man erhalten will, muss man aufessen. In diesem Sinne: Genussvolle Reiswochen !