Petershausener Gemeinderat beschließt: Keine Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit

Petershausener Gemeinderat beschließt: Keine Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit

Der neue Passus in der vierzehnseitigen Petershausener Friedhofssatzung, § 19, klingt so einfach wie selbstverständlich: “ Die Vorgaben des in Art. 9a BestG (Herkunftsnachweis von Grabsteinen hinsichtlich ausbeuterischer Kinderarbeit) sind zu beachten. Der Friedhofsverwaltung sind die entsprechenden Nachweise (Art. 9a Abs. 2 und 3 BestG) unaufgefordert vor dem Aufstellen des Grabmals vorzulegen.“

Dieser Absatz  geht auf die traurige Realität zurück, dass bis zu 40 Prozent aller Grabsteine in Bayern aus sklavenähnlicher Kinderarbeit stammen könnten (Bayerische Staatszeitung, 22.07.2016).

Kinder an einem Bohrer in einem südindischen Exportsteinbruch, der für den europäischen Markt produziert, Foto: Benjamin Pütter/XertifiX.de

Steinmetze müssen nach der neuen Friedhofssatzung nachweisen, dass ihre Steine entweder aus dem europäischen Wirtschaftsraum stammen, in dem Kinderarbeit verboten ist. Im Falle der Herkunft aus Ländern wie Indien oder China ist die schriftliche Erklärung einer unabhängigen Zertifizierungsorganisation notwendig. Falls dies nicht möglich ist, reicht eine „Eigenerklärung“ des Anbieters von Steinen.

Auch wenn die oben erwähnte „Eigenerklärung“ noch  eine Schwäche im neuen Bestattungsgesetz ist, wird die steigende Nachfrage nach zertifizierten Steinen einen Druck hin zu mehr Zertifizierung entfalten. Denn  zur Zeit gibt es auf dem deutschen Markt nur zwei Siegel, die soziale und ökologische Standards einhalten. Das sind XertifiX (www.xerifix.de) und fairstone (www.fairstone.org)

Die Möglichkeit einer Änderung der Friedhofssatzung hat eine längere Geschichte

Bereits 2007 hatte der Bayerische Landtag einen einstimmigen Beschluss gegen die Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit gefasst.

Nachdem die Stadt Nürnberg eine entsprechende Klausel in ihre Friedhofssatzung aufnahm, ging ein Nürnberger Steinmetz  mit einem Normenkontrollverfahren juristisch dagegen vor. Er erhielt vor dem Verwaltungsgerichtshof  München im Februar 2009 recht. Die Begründung: Es gehöre nicht zu den Kompetenzen von Kommunen, sich gegen die Ausbeutung von Kindern woanders zu kümmern.

Eine daraufhin beim Bundesverwaltungsgericht eingereichte Beschwerde der Stadt Nürnberg wurde von diesem im Januar 2010 ebenfalls zurückgewiesen.

Nachdem sich dann die Stadt Nürnberg  mit einer Verfassungsbeschwerde an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof wandte, hob dieser im Oktober 2010 das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf und überwies den Fall dorthin zurück.

Vom Bayerischen Verwaltungsgericht wurde dann im Juli 2012 die Gültigkeit der Nürnberger Friedhofssatzung bestätigt. Nach der Revision eines Steinmetzes stellte das Bundesverwaltungsgericht deutlich klar, dass es Kommunen auch gestattet ist, Maßnahmen durchzuführen, die dem Schutz von Menschenrechten in anderen Staaten dienen.

Im April 2014 forderte der Bayerische Landtag dann die Bayerische Staatsregierung auf, entsprechende Nachweise der Herkunft von Grabsteinen für die Steinmetze per Gesetz zu klären.

Daraus wurde in einem letzten Schritt Artikel 9, Absatz 2 und 3 des Bayerischen Bestattungsgesetzes. Danach kann  der Friedhofsträger per Satzung bestimmen, dass Grabsteine nur aufgestellt werden dürfen, wenn sie nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden.

Engagierte Gemeindeverwaltung

Ein Beschluss des Gemeinderates zum Einsatz von Pflastersteinen ohne ausbeuterische Kinderarbeit existiert in Petershausen schon seit einigen Jahren.

Dass nun auch die Friedhofssatzung so schnell in diese Richtung verändert wurde,  ist einer gut informierten und engagierten Gemeindeverwaltung zu verdanken. Die Fairtrade Gemeinde Petershausen zeigt so auch beim Thema „Grabsteine“,  dass Verantwortung in Zeiten globalisierten Konsums nicht an den Gemeindegrenzen endet.