Fairkäufer Hagos

Fairkäufer Hagos

Foto: Hagos beim Verkauf eines Draht-Huhns

Wenn Sie in der vergangenen Woche im Fairkaufladen eingekauft haben, konnten Sie einen neuen Mitarbeiter kennenlernen. Sein Name ist Hagos, er ist Schüler an der Mittelschule in Erdweg und er leistete im Fairkaufladen ein einwöchiges Praktikum ab.

Hagos ist das, was man im Behördendeutsch einen „unbegleiteten minderjährigen Flüchtling“ nennt. Er ist ohne Begleitung seiner Eltern mit 15 Jahren von Eritrea nach Deutschland geflohen.

Die Flucht aus Eritrea https://de.wikipedia.org/wiki/Eritrea begann für Hagos mitten in der Nacht, zunächst zu Fuß oder mit dem Auto über Äthiopien, Sudan, Libyen und dann von dort drei Tage lang über das Mittelmeer. Zuerst saß er zusammen mit vielen anderen Flüchtlingen auf einem voll besetzten Schlauchboot, dann wurden alle von einem -wie Hagos meinte – großen deutschen Schiff gerettet und bis zur italienischen Küste gebracht. Von dort kam er nach Rom und dann mit dem Zug nach München. Nach seiner Registrierung dort lebt er in Vierkirchen in einer Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Hagos wird am 1. Juni 17 Jahre alt, hat sechs Brüder, von denen einer in München, ein anderer in Belgien und der dritte in Israel lebt. Zwei Brüder und seine fünfjährige Schwester sind noch in Eritrea. Seine Eltern leben vom Anbau von Mais und Gemüse.

Wir Fairkäuferinnen waren uns schnell einig, dass Hagos sein Praktikum im Fairkaufladen machen kann. Damit er seine Zeit nicht nur „absitzt“, sollte er im Laufe einer Woche möglichst viele Tätigkeitsbereiche in einem Weltladen kennenlernen.

Dazu gehörten z.B.

– Auspacken von gelieferten Lebensmitteln, Suchen der Produkte auf der Rechnung und Auszeichnen mit dem Preis.

– Einräumen der ausgezeichneten Produkte in die Regale und dabei beachten, die mit der längeren Haltbarkeit nach hinten zu räumen. Das wußte Hagos aber schon von seiner Tätigkeit im Edeka Petershausen.

– Preise in die Kasse eintippen, Geld entgegennehmen und das richtige Restgeld herausgeben.

– Finden der richtigen Warengruppen. Was beim Petershausener Kaffee noch einfach ist…

…. war beim Huhn nicht ganz so offensichtlich (Hagos: „Huhn gibts nicht“).

– Kunden beraten, die – wie z.B. in diesem Fall – nach einem passenden Korb für ein Geschenk suchten.

– sich mit interessierten Kunden über seine Herkunft, seine Situation und seine Interessen unterhalten.

Was diese Fotos nicht zeigen, waren z.B. seine Mithilfe beim Sortieren, Zählen und Einräumen von Waren der Förderstätten Schönbrunn, beim Aufschreiben von fehlenden Lebensmitteln und deren Einkauf im Fairhandelshaus Bayern in Amperpettenbach und bei der Auslieferung von fairen Geschenkkörben zur Gemeindeverwaltung Petershausen.

Praktische Arbeiten wie das Putzen von Preisschildern, das Einlegen einer neuen Kassenrolle, das Basteln einer Kalendertasche waren genauso im Programm wie Informationen von Mitarbeiterinnen über den Fairen Handel an sich, über Regionalprodukte oder die Produkte von Libera Terra, den „Petershausener Kaffee“ oder  über eine bevorstehende Veranstaltung für bayerische Weltläden. Offenbar regte auch Hagos Armband mit der Aufschrift „give respect – get respect“ zum Gespräch an.

Alle, die mit Hagos gearbeitet haben, empfanden ihn  als sehr freundlich, pünktlich, immer bei der Sache, praktisch veranlagt und schnell im Verstehen. Wie Hagos es empfunden hat, jeden halben Tag mit einer anderen Fairkäuferin zu arbeiten, hat er uns nicht gesagt. Wir wissen aber von ihm, dass er den Laden schön findet und gerne Verkäufer werden würde. Vielleicht hat er ja Lust, in den Ferien mal wieder bei uns zu arbeiten. Wir würden uns sehr darüber freuen.