Fairkaufladen beim Regionaltreffen bayerischer Weltläden in Eichstätt

Fairkaufladen beim Regionaltreffen bayerischer Weltläden in Eichstätt

Eingeladen zum diesjährigen Regionaltreffen hatte das Team des Weltladens „Welt-Brücke“aus Eichstätt, gekommen waren Vertreterinnen der Weltläden Aichach, Schrobenhausen und Petershausen.

Nach einer Blindverkostung von drei verschiedenen Orangensäften konnten sich die Teilnehmerinnen diesmal ganz dem Handel mit Orangensaft und seinen verschiedenen Aspekten widmen: der Konzentration im Orangensaftsektor, der Situation der Erntehelfer,  dem Fairen Handel mit Orangen am Beispiel der brasilianischen  Kooperative „Coopealnor“ und den Wirkungen des Fairen Handels anhand verschiedener Studien.

Ausgehend von der Beschreibung des konventionellen Orangenhandels in Brasilien, der sich in der Hand weniger mächtiger Familien befindet, beleuchtete Sabine Amme vom FAIR Handelshaus Bayern in ihrer Präsentation die besondere Arbeitsweise der  Fairtrade-Kooperative „Coopealnor“ im brasilianischen Bundesstaat Bahia.

img_2288-klein

Die Hälfte der ca 100 Mitglieder starken Kooperative verfüge über zwei bis zehn Hektar Land, auf dem neben Orangen auch Maracuja, Passionsfrüchte und Kokos gedeihen. Daneben würden Mais, Bohnen und Maniok für den Eigenbedarf und den Verkauf auf dem lokalen Markt angebaut.

Während der Weltmarktpreis für 1 Tonne Orangensaftkonzentrat bei 1600 Dollar liegt, zahlt die Gepa einen Mindestpreis von 2300 Dollar und eine Fairtrade Prämie von 200 Dollar. Diese verwendet Coopealnor z.B.  für die Unterstützung einer weiterführenden  Internatsschule mit dem Schwerpunkt praktische Landwirtschaft, für die sukzessive Umstellung auf Bio oder die Renovierung einer Aufbereitungsanlage für frische Orangen für den Verkauf auf dem regionalen Markt.

COOPEALNOR Fotos: GEPA - The Fair Trade Company/A. Welsing.

Fotos: GEPA - The Fair Trade Company/A. Welsing.   

Fotos: Gepa

Nur durch die Möglichkeit, täglich eine ausreichende Menge an Orangen liefern zu können, ist eine getrennte Erfassung und Verarbeitung der Orangen in der Anlage des Verarbeiters TROPFRUIT möglich. Für die Gepa bedeutet dies, eine komplett transparente und faire Lieferkette von der Orange über das Konzentrat bis zum „Merida“-Saft gewährleisten zu können. Konkret: Im GEPA-Orangensaft Merida sind also nur die Orangen enthalten, die von den Mitgliedern der GEPA-Partnerkooperative geerntet wurden.

Im Kontrast zu den Leistungen, die der Faire Handel den Orangenbauern bietet, – so ergänzte Rita Murböck von der Weltbrücke – sei die Situation der Plantagenarbeiter und Erntehelfer im konventionellen Orangensektor geprägt von skandalösen Arbeitsbedingungen.

Foto: CIR, Studie „Im Visier:Orangensaft“

Eine von der von der Christlichen Initiative Romero und der Gewerkschaft Verdi in Auftrag gegebene Studie belegt, dass Überstunden, Niedrigstlöhne, harte und gefährliche Arbeit ohne ausreichenden Arbeitschutz und medizinische Versorgung sowie ein Leben in Sammelunterkünften die Regel sind. Gewerkschaftliches Engagement führt sofort zum Jobverlust.

Da Deutschland der weltweit größte Abnehmer von Orangensaft aus Brasilien ist, hat die Preispolitik deutscher Saftabfüller und Handelskonzerne direkten Einfluss auf das Leben und die Arbeitsbedingungen von knapp 250 000 PflückerInnen und FabrikarbeiterInnen in Brasilien. Konzentrationsprozesse im deutschen Einzelhandel wirken sich somit nicht nur auf Beschäftigte deutscher Handelsketten aus, sondern werden auch  auf dem Rücken weitgehend rechtloser Menschen am Ende der Lieferkette ausgetragen.

Einen ebenso wichtigen Beitrag zu Wirkungen im Fairen Handel (war Thema der Fairen Woche 2016) lieferte Annegret Lueg vom Eine Welt Netzwerk Bayern. Unterschieden werden müsse, so Annegret Lueg,  zwischen den normalen Leistungen des Fairen Handels (Outputs), ihren direkten Wirkungen auf die Lebenslage der Produzenten vor Ort (Outcomes) und ihren weiter gehenden indirekten Wirkungen (Impacts) auf die Gesellschaft. Echte Wirkungen stellten sich erst ein, wenn Produzenten beginnen, ihre Fähigkeiten, ihr Handeln und ihre Lebenslage zu verändern.

img_2283-klein

Allgemeines Fazit der Studien: Fairer Handel führt z.B. zu stabileren Einkommen (Perspektiven gerade auch für junge Leute), einer erhöhten Produktivität, zu besseren Arbeitsbedingungen, zu einer Stärkung der Rolle von Frauen innerhalb der Fairhandelsorganisationen (Zugang zu Krediten, Stärkung des Selbstbewusstseins), Investitionen in Infrastruktur durch höhere Erlöse (z.B. Bau einer eigenen Verarbeitungsanlage und damit Reduzierung der Abhängigkeit).

Die Wirkungen des Fairen Handels lassen sich nicht generalisieren,  ausschlaggebend ist meist auch die allgemeine politische Lage einer Region. Und: Damit Fairer Handel überhaupt Wirkungen entfalten kann, müssen mindestens 30 Prozent unter fairen Bedingungen produziert werden. Bei Coopealnor sind dies im Durchschnitt 50 Prozent.

Die Wirkung des Regionaltreffens auf die Teilnehmerinnen lässt sich – auch  wegen der guten Aufbereitung des Themas und der Möglichkeit des Austauschs der Weltladnerinnen untereinander – mit „allgemeiner Zufriedenheit“ umschreiben.

Wirkungsverstärkend waren die liebevolle Bewirtung des Eichstätter Weltladenteams, eine Live-Produktion von Schokolade durch Julia Brodbeck, die Geschäftsführerein von CHOCQLATE (eine Beschreibung der Schoko-Live-Show würde diesen Rahmen sprengen…) sowie der anschließende Besuch im sehr gut sortierten Eichstätter Weltladen.

Hier gehts zu einem Video über die Kooperative Coopealnor: https://www.youtube.com/watch?v=3W8kV4jD73o https://www.youtube.com/watch?v=3W8kV4jD73o