Entwicklungsminister Gerd Müller im FAIR Handelshaus Bayern: „Fair muss Standard werden!“

Entwicklungsminister Gerd Müller im FAIR Handelshaus Bayern: „Fair muss Standard werden!“

Foto: Dr. Gerd Müller mit zwei Mitarbeiterinnen des Fairkaufladens

Die drei Herren des Sicherheitspersonals mussten sich wohl etwas länger gedulden, als es das Protokoll eigentlich vorsah. Denn nach seiner Rede im FAIR Handelshaus Bayern in Amperpettenbach, zu der die Haimhauser CSU eingeladen hatte, nahm sich Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, erstmal Zeit für die Diskussion mit den vielen Ehrenamtlichen.

Foto: Diskussion mit Lukas Hejda vom Carl Orff Gynasium

Foto: Alexander Fonari vom Eine Welt Netzwerk Bayern stellt kritische Fragen

Auch danach kam es noch zu spontanen Kontakten zu einzelnen Gruppen aus der Eine Welt Bewegung. So auch zu einigen Mitarbeiterinnen des Fairkaufladens (s.o.), bei denen sich Gerd Müller zunächst einmal für ihr Engagement für den Fairen Handel bedankte. Gerne mache er auch Werbung  für die Fairtrade Gemeinde Petershausen. Sie könne Vorreiter sein für den ganzen Landkreis Dachau.

Beim vorhergehenden Signieren seines Buchs „UNfair“ stand man einem Politiker gegenüber, der mit viel Empathie über die Menschen redete, die er auf seinen Reisen kennenlernte.  Immer wieder zeigte er auf die Fotos in seinem Buch, die Kinder auf Müllhalden, Frauen in Textilfabriken oder Frauen in Dörfern zeigten, die von Dürre heimgesucht wurden.

„Fair muss Standard werden!“ war dann auch einer der Sätze, die der Minister während seiner einstündigen Rede ganz selbstverständich formulierte. Und: Fairer Handel als entwicklungspolitische Bewegung müsse noch sehr viel mehr als bisher in alle Parteien hineinwirken –  auch in seine eigene.

Denn seit 40 Jahren setzten sich die Akteure des Fairen Handels für eine gerechte Globalisierung ein.

Es könne nicht sein, dass 10 Prozent der Weltbevölkerung 90 Prozent des Vermögens besitze und die reichen 20 Prozent der Menschheit 80 Prozent der Ressourcen verbrauche. Das reiche Deutschland, so der Minister, müsse sich im Hinblick auf diese Ungerechtigkeit seiner Verantwortung stellen. Es könne nicht sein, dass wir die Arbeitsbedingungen des 19. Jahrhunderts in Kauf nehmen, nur damit eine Jeans für 5 Euro in Bangladesch eingekauft, aber bei uns für 100 Euro weiterverkauft würde.

Christliche Werte und Menschenrechte als Leitfaden

Christentum und Humanismus seien ein Leitfaden für unser Tun. Politik müsse sich wieder auf den christlichen Wert der Nächstenliebe und auf die Menschenrechte besinnen, die für jeden Erdenbürger gelten. Auch für die 15000 Kinder, die auf der gößten Elektronik-Müllkippe der Welt in Ghana mit bloßen Händen unseren Wohlstandsmüll auseinandernähmen. Auch für die Frauen in Bangladesch, die für einen Stundenlohn von 15 Cent  unsere Jeans und T-Shirts zusammennähten. Bananen zum Kilopreis für nur 99 Cent könnten, so der Minister, niemals fair  gehandelt sein. Und Kaffeebauern, denen von einem Kilo konventionellen Kaffees nur 50 Cent blieben, seien gezwungen, ihr Kinder mit zur Ernte zu nehmen.

Die Steuer auf fair gehandelten Kaffee muss weg

An diesem Beispiel könne man gut klar machen, dass aber nicht nur die Lieferkette bei den Erzeugern, sondern auch die in Deutschland fairer gestaltet werden müsse. Denn hier behalte der Fiskus von einem Kilo Kaffee allein 2,20 Euro Kaffeesteuer ein. Um Kaufanreize für Fairen Kaffee zu setzen, müsse die Kaffeesteuer für Fairen Kaffee  abgeschafft werden. Darüber sei er mit Finanzminister Scholz im Gespräch.

Die öffentliche Hand und Fairtrade Gemeinden sind zentrale Hebel

Langfristig müsse darauf hingewirkt werden, dass die weltweiten Lieferketten fair ausgestaltet werden. Ein zentraler Hebel dafür liege bei der öffentlichen Hand. Diese gebe pro Jahr in Deutschland insgesamt 380 Milliarden Euro für Beschaffung aus. Sie müsse Vorbild sein für Nachhaltigkeit – auch im Landkreis Dachau. Polizei oder Feuerwehr könnten doch auch Dienstkleidung tragen, die nach fairen Prinzipien produziert seien.

Eine wichtige Initiative dazu sei auch die Fairtrade Town Bewegung. Hier könne die Gemeinde selbst Vorbild sein, faire Produkte würden im Ort mehr verbreitet und in Schulen und Kirchen könne Bildungsarbeit dazu gemacht werden. Vor allem seien die Kriterien zur Erreichung des Titels für fast jede Gemeinde machbar.

Bürgermeister Fath, der wegen eines anderen Termins nur zu Beginn der Veranstaltung anwesend sein konnte, hätte diese Ausführungen des Ministers sicher auch gerne gehört.